Weinkrampf auf Spielplatz

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Katja Seiler
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Weinkrampf auf Spielplatz

Beitrag von Katja Seiler » 15.09.2010, 19:48

Heute hatten wir Familientag auf unserem schönen Dorfspielplatz. Ich dachte mir, super, Sabine liebt es, auf dem Spielplatz zu spielen, es hat dann viele andere Kinder und ich lerne auch ein paar Leute wieder kennen. Da wir ja erst seit drei Monaten in Neudorf leben, dachte ich, das ist eine gute Gelegenheit.
Anfangs ging auch alles gut, ausser, dass Sabine wollte, dass ich sie zum Klettergerüst begleite usw. Das hat sie aber in der letzten Zeit oft, ich denke mir, die Züglerei und der ganze Wechsel im Kindergarten usw. hinterlassen halt ihre Spuren. Dann wollte Sabine andauernd etwas machen, dass sie halt noch nicht kann. (Auf das hohe Klettergerüst hinauf z.B.) Plötzlich hatte sie einen regelrechten Weinkrampf und bat mich, ihr zu helfen. Diese Wand konnte sie jedoch auch mit meiner Hilfe nicht erklimmen und da war sie untröstlich und liess sich überhaupt nicht mehr beruhigen. Natürlich haben viele Kinder geschaut.... (Und die Mamis auch...)

Und da viele uns noch nicht kennen, wurde mir ganz mulmig. Vor allem, weil sich Sabine überhaupt nicht beruhigen liess und sich auch nicht durch etwas anderes ablenken liess. Ich getraute mich anschliessend nicht zu den anderen Familien hinüber, weil Sabine immer wieder Schreikrämpfe hatte. Einerseits wollte sie immer wieder etwas probieren, aber wenn es ihr nicht direkt gelang, dann schrie und weinte sie. Immer noch mit dem Zusatz: Mama, bitte hälfe! Aber auch wenn ich ihr geholfen habe, schrie oder weinte sie weiter. Als ich sie fragte, ob wir nach Hause gehen wollen, brach sie natürlich gleich wieder in Tränen aus, also blieb ich trotzdem. Bis jetzt war es immer so, dass Sabine "tobte", wenn wir den Spielplatz verlassen, aber nie während dem Spiel.

Ich weiss jetzt nicht, ob es daran lag, dass zuviele Kinder da waren oder ob es Sabine bewusst war, dass sie gewisse Dinge halt nicht kann, die andere können. Es war für mich auch völlig neu, da ich sie gar nicht beruhigen konnte..., egal was ich tat. Abends hat sie dann plötzlich wieder vom Merlachfeld (Murten) erzählt und Namen aufgezählt vom alten KG. Ich habe mir überlegt, ob durch irgendetwas jetzt einfach alles "hoch" gekommen ist?

Sie geht ja hier gerne in den KG und sie hat auch viele Gspänli, die es sehr gut mit ihr können, dennoch bin ich mir bewusst, dass Sabine das alles noch am Verarbeiten ist. Aber ich bin heute wirklich erschrocken, weil ich das so noch nie erlebt habe und vor allem, weil ich so hilflos war... Das hat mich dann so unsicher gemacht, dass ich am Liebsten grad unsichtbar geworden wäre. Morgen haben wir Elternabend, ich habe richtig fast ein bisschen Angst, weil einige Eltern auch da waren.

Vor allem aber mache ich mir Sorgen, warum sie so war. Sabine hatte mich ja schon mal drauf angesprochen, dass sie das DS hätte und deswegen nicht so gut reden könne. Und heute kam es mir so vor, dass es ihr wiederum bewusst wurde, dass sie halt ein wenig anders ist und deshalb mehr Mühe mit einigen Dingen hat.

Habt ihr auch schon solche Erfahrungen gemacht? Bin grad wirklich etwas ratlos? :roll:

Liebe Grüsse, Katja und Sabine. (12.03.2004/DS)



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Brigitte
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Beitrag von Brigitte » 16.09.2010, 15:50

Liebe Katja

Als ich deine Zeilen gelesen habe, gab es mir einen richtigen Stich ins Herz. Obwohl ich bis jetzt nichts Ähnliches mit Kim erlebt habe, kann ich gut nachempfinden, wie du dich fühlst. Ich weiss auch nicht, wie ich reagiert hätte. Deine Angst vor den Reaktionen der anderen Eltern kann ich gut verstehen. Ich denke aber (und hoffe sehr), dass die meisten Eltern Verständnis zeigen, denn bestimmt haben auch deren Kinder einmal einen miesen Tag.

Ich kann mir gut vorstellen, dass der Umzug und der damit verbundene Stress bei Sabine tiefe Spuren hinterlassen haben. Auch das Realisieren des Anders-Sein, wie von dir erwähnt, kann sie sicher emotional sehr beschäftigen.

Falls du externe Hilfe/Unterstützung hinzuziehen möchtest, kann ich dir in Sursee die Kinesiologie –Praxis Frank empfehlen. Ich kenne einige Mütter, die mit ihren Kindern (ohne DS) bei Herrn Frank waren, und alle empfehlen ihn weiter (z.B. wegen Bettnässen, Schul-/Prüfungsangst).

Ich hoffe, ihr findet bald den Grund für Sabines Verhalten.

Liebe Grüsse
Brigitte mit Kim (10/2004)

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Ursula
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Beitrag von Ursula » 17.09.2010, 21:11

Liebe Katja

So weit ich weiss, nehmen Menschen mit Down-Syndrom ihre Andersartigkeit sehr verschieden wahr. Den einen macht sie zu schaffen, andere nehmen sie vielleicht wahr, aber es bekümmert sie nicht oder nur in spezifischen Situationen, in der sie etwas gerade nicht können, was andere rundherum können.

Das Sabine schon jetzt ihr Down-Syndrom und dessen Folgen für ihr Leben reflektiert, erscheint mir sehr ungewöhnlich...

Im "Leben mit Down-Syndrom" habe ich mal einen Artikel gelesen über das Thema, wie sich das Selbstbild entwickelt. Hier http://www.ds-infocenter.de/downloads/l ... an2005.pdf habe ich einen Artikel gefunden: "Wie bin ich eigentlich? - Die Entwicklung der Identität" von Etta Wilken, aber ich bin nicht sicher, ob es der war. Aber vielleicht findest Du bei Frau Wilken Hilfestellungen, wie man sein Kind unterstützen kann bei der Auseinandersetzung mit seinem Anders-Sein?
Hier http://www.ds-infocenter.de/downloads/l ... an2004.pdf habe ich einen weiteren Artikel gefunden "Du hast Down-Syndrom!" (wie und wann seinem Kind sagen, dass es ein Down-Syndrom hat) - ich glaube, das war der, den ich in Erinnerung hatte.

Sich schon vor der Pubertät des Kindes selber mit diesen Fragen auseinanderzusetzen, ist vielleicht hilfreich, auch wenn es für Sabine vielleicht noch kein zentrales Thema ist?

Wie war übrigens der Elternabend?

Liebe Grüsse
Ursula

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Katja Seiler
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Beitrag von Katja Seiler » 23.09.2010, 13:46

Hallo Ursula

Danke für die Infos. Werde mal nachlesen... Waren grad voll im Zügelstress, obwohl es mittlerweile schon fast Routine ist! :lol: Aber bis dann wieder alles installiert ist (Internet etc ) dauert es immer eine Weile...

Doch, der Elternabend war sehr informativ und meine Angst natürlich wieder mal völlig unbegründet wegen den anderen Eltern. Es hat mich niemand auf die Situation auf dem Spielplatz angesprochen, im Gegenteil, alle wollten wissen, wie es Sabine im Kindergarten gefällt und ob sie sich gut eingelebt hätte. Als ich dann die eine oder andere angesprochen hab wegen dem Spielplatz, meinten sie, ja, jedes Kind hätte doch mal eine kleine "Krise" und sie hätten das gar nicht so auffällig empfunden...

Ich denke mir halt auch, dass es einfach auch zuviel war, die ganzen Turbulenzen in der letzten Zeit, ich bin froh für Sabine, dass jetzt endlich wieder Ruhe einkehrt in ihr Leben. Und für mich auch!:wink:

Für mich war es auch etwas schwer, dass Sabine mich schon mit mit dem DS "konfrontiert", bzw. dass sie darüber reden will oder Bücher hervorholt etc, ich dachte mir immer, das kommt viel später... Ich rede jetzt einfach mit ihr, wenn sie das Bedürfnis hat oder wenn sie mit einem Buch oder Film kommt, aber ich bewerte es nicht über. Es kommt ja meistens immer so schubweise...

Liebe Grüsse, Katja und Sabine. (12.03.2004/DS)

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