Diagnoseeröffnung

Umfragen, Arbeiten über DownSyndrom usw.
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karo
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Diagnoseeröffnung

Beitrag von karo » 30.11.2004, 12:47

Zurzeit befinden sich meine Kollegin und ich im letzten Studienjahr der Ausbildung zur Heilpädagogin an der Interkantonalen Hochschule für Heilpädagogik in Zürich. Im Rahmen unserer DIplomarbeit beschäftigen wir uns mit dem Thema "Diagnose Behinderung".
Als Lehrpersonen an Heilpädagogischen Sonderschulen erzählen uns die Eltern von der ersten Lebenszeit ihres Kindes. Oft spüren wir dabei heraus, dass manche Eltern mit der Art der Diagnoseeröffnung und der Begleitung unzufrieden waren und sich alleine gelassen fühlten.
Gerne würden wir noch mehr Erfahrungen zu dem Thema der Diagnoseeröffnung sammeln. Wir wären allen sehr dankbar für ihre Unterstützung wenn sie uns ihre Erfahrungen, vielleicht mit Hilfe der folgenden Fragen, mitteilen könnten.

- Wie erlebten sie die Geburt?
- Gefühle bei der Geburt und bei der Diagnoseeröffnung?
- Wie reagierte das Fachpersonal auf Fragen?
- Welche Erfahrungen, Erlebnisse, Gefühle und Gespräche prägten die erste Zeit nach der Geburt ihres Kindes?
- Wurde ihnen Hilfe angeboten? Welche?
- Wurden sie als Eltern begleitet? Von wem, wie lange, wie haben sie dies erlebt?
- Was müsste eine situationsgerechte Begleitung beinhalten? Was hätten sie gebraucht?

Bitte die Antworten im Forum platzieren oder direkt an die Adresse:
profile.php?mode=email&u=27
schicken.
Vielen herzlichen Dank!!
Zuletzt geändert von karo am 10.12.2004, 08:59, insgesamt 1-mal geändert.



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kleiner Hinweis

Beitrag von admin » 02.12.2004, 16:01

Hallo Karo (?)

Damit es Dir nicht so geht, wie Sabine, die bereits mit haufenweise Müll-Mails eingedeckt wird, könntest Du Dein Posting so ändern, dass Du statt Deiner Mailadresse einen Link auf das Forum-Mailformular publizierst, mit dem man Dich ebenfalls erreichen kann: profile.php?mode=email&u=27

Jede Mailadresse, die auf einer Webseite steht, wird mit der Zeit erbarmungslos mit Schrottmails zugemüllt :(

Wenn Du Hilfe brauchst beim Ändern Deines Beitrags, lass es mich wissen.

Wenn ich mal etwas freie Zeit habe (zur Zeit etwas rar...), werde ich dann auch noch auf Deine Umfrage antworten :)

Liebe Grüsse
Ursula

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Ursula
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Re: Diagnoseeröffnung

Beitrag von Ursula » 26.12.2004, 14:52

karo hat geschrieben: - Wie erlebten sie die Geburt?
Roman wurde als zu klein befunden, daher wurde ich ins Spital abkommandiert, um ruhig zu liegen, und ihm beste Bedingungen fürs Gedeihen geben zu können. :wink:
Aus diesem Grund wurde Roman auch per eingeleiteter Geburt ans Licht der Welt geholt. Da er nur 2kg schwer war, war die Geburt nicht sehr anstrengend, und ich war fast sofort wieder auf den Beinen. Er konnte leider nur kurz bei uns bleiben, danach wurde er in die Neonatologie gebracht, glücklicherweise im gleichen Spital, so dass ich jederzeit zu ihm konnte. Aber Roman war winzig, musste sondiert und auch auch wegen seiner Atmung überwacht werden. Einen ganzen Monat blieb er in der Neo, wo ich ihn jeden Tag besuchte, meine Milch brachte und ihn zum Stillen ansetzte.
Die Umstände waren so natürlich nicht so glücklich, wir haben aber die Schwestern und Ärzte der Neonatologie als sehr liebevoll erlebt!
- Gefühle bei der Geburt und bei der Diagnoseeröffnung?
Bei der Geburt ahnten wir noch gar nichts. Drei Tage später, an einem Montag kam der Kinderarzt zu mir, um mir seinen Verdacht mitzuteilen, Roman könnte das Down-Syndrom haben, und um mich zu fragen, ob er für die Abklärung Blut nehmen dürfe.
Unglücklicherweise war das der Tag mit dem berühmten hormonellen Tief, bei dem sogar glückliche Mütter scheints ins Heulen kommen - ich heulte auch und konnte auch dann nicht mehr aufhören, als ich eigentlich schon längstens fertig war damit. :cry:
Im Spital fand ich das ziemlich "brutal", weil es da kaum Privatsphäre gibt. Aber die Schwestern waren sehr liebenswürdig, schirmten mich ab, sorgten dafür, dass immer die gleiche zu mir kam... Das wusste ich sehr zu schätzen.
Ich wusste nur wenig über das Down-Syndrom und hatte in den ersten Stunden vor allem Angst. Mir gingen Bilder durch den Kopf von Menschen mit Down-Syndrom, die ich schon gesehen hatte, im Zoo oder an anderen Orten, und die oft einen apathischen Eindruck auf mich gemacht hatten. Ich hatte die Vision, ein Leben lang für mein Kind sorgen zu müssen. Ausserdem hatte ich - aus meiner Biografie heraus - auch sehr negative Gefühle dazu, wieder eine "besondere Familie" sein zu müssen!
- Wie reagierte das Fachpersonal auf Fragen?
Der Kinderarzt hatte uns versprochen, wir hätten das Ergebnis der Tests innerhalb einer Woche. Die Schwestern versuchten uns zwar darauf vorzubereiten, dass das bis zu drei Wochen gehen könne, aber ich glaube, der Arzt hatte dem Labor Druck aufgesetzt, jedenfalls war das Resultat nach einer Woche da.
Bei der Diagnoseeröffnung nahm er sich viel Zeit für uns, um unsere Fragen zu beantworten, er fragte auch nach unseren Bedürfnissen und wies er uns auf eine Heilpädagogische Früherzieherin hin, die im Spital sogar eine Praxis hatte. Diese besuchte uns noch während des Spitalaufenthalts und betreute danach Roman während seiner ersten 3 Lebensjahre.
Der Arzt gab uns eine Bücherliste mit, die wir ebenfalls sehr geschätzt hatten. Ob das Blatt noch weitere Informationen enthalten hatte, daran erinnere ich mich nicht mehr.
- Welche Erfahrungen, Erlebnisse, Gefühle und Gespräche prägten die erste Zeit nach der Geburt ihres Kindes?
Da war in der ersten Woche das Auf und Ab bei der Frage, ob Roman wohl das Down-Syndrom hat oder nicht. Der Arzt hatte betont, wie unsicher er sei - im Rückblick denke ich, er hat seine Unsicherheit etwas betont, um uns Zeit zu geben, mit dem ersten Schock fertig zu werden.
Wir hatten beschlossen, niemandem von der Vermutung zu erzählen, bis wir den Bescheid hatten, ausser ein paar ganz engen Freunden. So waren wir manchmal ganz zerrissen, wenn Glückwünsche kamen...
Als wir Bescheid hatten, dass Roman wirklich das Down-Syndrom hat, schrieben wir ein paar begleitende Zeilen, die wir dem Geburtskärtchen beilegten. Ausserdem legten wir ein Foto von Roman bei, weil ich wollte, dass die Verwandten und Freunde Roman sehen können, wenn sie von seinem Down-Syndrom lesen. Ich wollte, dass sie ein süsses Baby sehen und nicht die Bilder im Kopf, wie es mir ergangen war!

Danach war das Schwerste noch, die engsten Verwandten, unsere Eltern persönlich zu informieren. Als die Geburtskärtchen bei den Empfängern waren, hatten wir aber schon zu einem vorläufigen Ja zu unserem Kind und unserer neuen Situation gefunden.
Das Begleitschreiben wurde sehr geschätzt, es signalisierte gleich von Anfang an, dass man mit uns über das Thema reden durfte. Dies wurde auch gemacht, und die rundum offene Aufnahme von Roman machte uns den Start leichter. Auch der Kinderarzt war davon sehr beeindruckt und fragte, ob er das anderen betroffenen Eltern zeigen dürfe. Ich denke, wir haben uns selber mit diesem Schritt sehr geholfen!
Etwas Mühe hatte mir das Echo von vielen gemacht, es sei sicher kein Zufall, dass Roman gerade zu uns gekommen sei. Das war etwas, das ich nicht hören wollte!

Nach der Diagnose-Eröffnung war unser allererstes Bedürfnis, einfach mal Informationen zu erhalten. Wir suchten nach Literatur, wobei mich eine Geschichte besonders berührt hatte: http://www.downsyndrom.ch/ds/pdfs/holland.pdf - diese Geschichte erzählt genau, wie es mir mit Roman anfangs ging.

Ein Schlüsselerlebnis war noch das: Beim Lesen über das Down-Syndrom hatte ich gelessen, dass eines der Merkmale weiche "Pölsterli" auf dem Handrücken sein können. Ich hatte diese deshalb am Anfang mit negativen Gefühlen wahrgenommen. Irgendwann ging mir plötzlich auf, dass sie doch eigentlich "uu-härzig" sind, und ich begann, mich für meine Ablehnung zu schämen. Es war für mich ein Hinweis darauf, Roman nicht durch die Brille seiner Diagnose anzuschauen, sondern das zu sehen, was und wer er ist.
- Wurde ihnen Hilfe angeboten? Welche?
z.T. ist die Frage schon weiter oben beantwortet worden: Uns wurde schon bei der Diagnose-Eröffnung eine Heilpädagogin empfohlen, und wir wurden noch im Spital mit ihr bekannt gemacht. So wurden wir von Anfang an fachlich begleitet, und ich hatte so auch von Anfang an das Gefühl, dass für Roman gut gesorgt ist und das Mögliche gemacht wird. Ich konnte in erster Linie Mutter sein!
Was mich im Spital ebenfalls sehr berührt hatte, war eine echte und herzliche Freude der Kinderärzte an Roman! Sie freuten sich über die Geburt dieses Kindes! Das war etwas, das mir auch zu denken gab: Es sind die Gynäkologen, welche "solche Kinder" abtreiben wollen, nicht die Kinderärzte, welche nachher mit ihnen zu tun haben. Ich weiss nicht, ob man das so verallgemeinern kann, aber es hatte mich sehr beeindruckt...
- Wurden sie als Eltern begleitet? Von wem, wie lange, wie haben sie dies erlebt?
S.o.
Ich denke, wir haben wirklich Glück gehabt, dass wir sowohl fachlich als auch menschlich von Anfang an getragen wurden. So haben wir schnell positive Gefühle für Roman entwickeln können. Später einmal habe ich zu meiner Mutter gesagt, wenn wir von Anfang an gewusst hätten, wie es ist, ein Kind mit Down-Syndrom zu haben, hätten wir nicht zu weinen brauchen!
- Was müsste eine situationsgerechte Begleitung beinhalten? Was hätten sie gebraucht?
Wir haben wirklich bekommen, was wir gebraucht haben:
  • Informationen
    emotionale Unterstützung im Spital, von Verwandten und Freunden
    fachliche Begleitung durch eine Heilpädagogin, welche uns auch auf weitere notwendige Therapien (Physiotherapie, Fusseinlagen usw) hinwies, als sie nötig wurden.
    Auch Roman selber war mir eine grosse Hilfe, war er doch einfach ein süsses Baby, das gehegt und geliebt werden wollte. :D
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