Micha-Peleg unser dritter Sohn

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Martin Andry
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Micha-Peleg unser dritter Sohn

Beitrag von Martin Andry » 12.10.2013, 21:17

Guten Abend zusammen

Am 30.08.2013 kam unser drittes Kind, Micha-Peleg auf die Welt. Micha (hebräisch ausgesprochen also nicht Mischa sondern das „ch“ wie bei Chuchichäschtli) hat das Down-Syndrom, seine beiden älteren Brüder, 8 und 10 Jahre alt, nicht. Drei Stunden nach der Geburt im Familienzimmer des Spitals, als meine Frau, Micha und ich schon beinahe eingeschlafen waren, verschlechterten sich die Sauerstoff-Sättigungswerte von Micha rapide. Drei Stunden später musste er mit dem Helikopter nach Chur in die dortige Kinderintensivstation verlegt werden.

Seinerzeit, etwa in der zwölften Schwangerschaftswoche, erhielt meine Frau Nachricht vom Arzt, dass im Rahmen des „Ersttrimester-Test“ die Blutwerte auf ein erhöhtes Risiko hinsichtlich Trisomie21 hinweisen würden. Meine Frau war sich eigentlich gar nicht bewusst, einen solchen Test in Auftrag gegeben zu haben, aber das spielte dann keine Rolle mehr. Wir haben dann das Gespräch mit dem Arzt gesucht und erfahren, dass man weitere Tests machen könnte. Bei diesen Tests besteht aber die Möglichkeit einer ungewollten Abtreibung. Da für meine Frau ein solches Risiko oder eine Abtreibung sowieso nicht in Frage kam, verzichteten wir auf weitere Tests. Mich als Vater hat es schockiert, dass in medizinischen Fachkreisen niemand das Wort „Abtreibung“ in den Mund nimmt, man nennt das Ganze einfach „Unterbruch“. Aber das ist ein anderes Thema.

Fortan wurden während Ultraschalluntersuchungen die Nackenfalte und die Proportionen des Herzens von Micha genauestens beobachtet. Dabei waren keine Besonderheiten ersichtlich. Gegen Ende der Schwangerschaft gingen wir eigentlich davon aus, dass Micha ganz „gesund“ auf die Welt kommen würde. Dennoch habe ich seinerzeit begonnen mich ausführlich mit dem Down-Syndrom, speziell was versicherungstechnische Fragen anbelangt, zu befassen. Ich staunte nicht schlecht, als ich erfuhr, dass Trisomie21 nicht auf der Liste der Geburtsgebrechen steht.

Am Folgetag der Geburt von Micha fuhren also meine Frau und ich so quasi dem Helikopter hinterher nach Chur. Für meine Frau war übrigens gleich nach der Geburt schon klar, dass Micha das Down-Syndrom hat, mit dem Arzt welcher Micha abgeholt hat, habe ich von unterwegs aus noch telefonisch gesprochen und ihn nach seiner Meinung gefragt. Er hat es mir sehr gut erklärt und war der Meinung, dass er aufgrund seiner reichlichen Erfahrung sagen könne, dass Micha mit Trisomie21 auf die Welt gekommen sei. Ein später erstellter Bluttest hat dies dann auch bestätigt.

Micha und sein Mami verbrachten über zwei Wochen in der Kinderintensivstation. Es stellte sich heraus, dass er einen kleinen und einen grossen Herzfehler hat. Als Familie erlebten wir bange Stunden und Tage und dennoch überwiegte unsere Freude an Micha all das Schlimme, den Kummer, die Sorgen und Nöte. Viel geholfen hat uns auch die Betreuung durch das Pflegepersonal und der Fachärzte in Chur. Vor lauter Dankbarkeit wollte man eigentlich alle umarmen.

Am Schlimmsten war einfach die Tatsache, dass meine Frau mit Micha in Chur bleiben musste und ich zusammen mit unseren anderen beiden Söhnen zu Hause war, mehr als eine Autostunde entfernt. Am Samstag kam meine Frau jeweils nach Hause um auch ein wenig Zeit mit den beiden anderen Kindern zu verbringen. Ich hingegen verbrachte dann auch eine Nacht bei Micha im Spital. Wir wollten ihn einfach nicht alleine lassen obwohl wir wussten, dass er in besten Händen war.
Es war schon ein Riesenchaos, die Brüder von Micha mussten ja weiterhin in die Schule gehen, ich auf die Arbeit und den ganzen Haushalt machen. Ohne die Hilfe von meiner Mutter, über siebzig Jahr alt und gesundheitlich angeschlagen, hätten wir diese Krisenzeit niemals überstanden. An unserem Wohnort gibt es so gut wie keine Institution die quasi unentgeltlich einen Hüte- oder Essensdienst für die beiden älteren Kinder anbieten würden. Wir sind jetzt eine fünfköpfige Familie und seit der Geburt unseres zweiten Kindes vor acht Jahren hat meine Frau ihren Job als Krankenschwester gekündigt um vollzeitlich für die Kinder da zu sein. Budgetmässig liegt das auch jetzt noch drin, muss es ja, wir verzichten halt auf Ferien im Ausland oder so, dann geht das schon.

Das hat mich auch nachdenklich gemacht, hätte meine Frau weiterhin nur schon einen 30%-Job gehabt, wäre weiterhin Geld durch den bezahlten Mutterschaftsurlaub geflossen. Aber so, da kommt kein Geld, keine Unterstützung, das ist nicht vorgesehen.

Wie auch immer, vor zwei Wochen konnten Micha und meine Frau endlich nach Hause kommen!
Die ganze Familie war wieder vereint unter einem Dach, endlich! Micha entwickelt sich prächtig, er muss zwar dreistündlich sondiert werden (Nahrungsaufnahme/Muttermilch mit Medikamenten erfolgt durch eine Magensonde), was eine grosse Belastung für meine Frau ist. Wir erhielten ab sehr schnell Unterstützung durch die Spitex, welche vier Mal pro Woche für ein bis zwei Stunden für Micha da ist. Am Wochenende versuche ich dann Best möglichst meine Frau zu entlasten und übernehme die Nachtschicht für Micha, sowie gerade jetzt. Er schläft da ganz friedlich neben mir, endlich seit zwanzig Minuten schon. Er hatte vorher noch einen echt nervigen Schluckauf. Nervig für ihn, nicht für mich, ich trage ihn dann jeweils gerne auf den Armen herum bis der Schluckauf vergeht.

Der Untersuch in der Kinderklinik vor einer Woche hat uns sehr gute Neuigkeiten gebracht. Der kleine Herzfehler besteht nicht mehr, da ist was zugewachsen womit keiner gerechnet hat! Eine Voroperation von Michas Herz entfällt also definitiv. Seine Sauerstoff-Sättigungswerte sind sehr gut und liegen bei 97-98%.

Wir hoffen warten zu können bis Micha an die fünf Kilogramm schwer sein wird damit sein schwerer Herzfehler in Zürich operiert werden kann. Da ich in Zürich arbeite, werde ich wohl dann die meiste Zeit bei ihm sein.

Mit Michas älteren Brüdern haben wir schon ein, zwei Mal gesprochen, dass Micha ein wenig anders all die meisten Kindern ist und sich dies in den nächsten Monaten und Jahren auf die eine oder andere Art deutlich zeigen wird.

Tja, ich hoffe mein Vorstellungs-Beitrag ist nicht zu lange geraten.

Es grüsst Euch alle hiermit ein mega-stolzer, überglücklicher und dreifacher Papa!

Martin


Liebe Grüsse
Martin mit Angela und unseren Micha-Peleg (DS) geboren 30.08.13, Noah-Marius 8, Jannik-Simeon 10

Helena
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Willkommen

Beitrag von Helena » 13.10.2013, 20:28

Lieber Martin

Willkommen im Forum und vor allem ganz herzliche Gratulation zu Eurem Sohn Micha Peleg!

Danke für den interessanten Beitrag, welcher unter keinen Umständen zu lang ist.

Es freut mich sehr, dass Ihr bereits die erste Hürde genommen habt und Euer Micha nun aus der Intensivstation raus ist.

Für unsere erste Tochter habe ich meine Berufstätiigkeit wegen der Trisomie 21 aufgegeben. Elisa hatte nur einen kleinen Herzfehler. Zwischenzeitlich arbeite ich wieder 30%, weil mein Partner ebenfalls etwas mehr Papi sein wollte und sein Pensum auf 70% reduzieren konnte. Das ist zwar finanziell und organisatorisch eher ein Nachteil, dafür für die Kinder sehr schön.

Toll, dass Ihr vom Personal im Spital so gut unterstützt worden seid. Das ist in meinen Augen einfach so wichtig.

Ich hoffe nun, dass ihr möglichst viel Unterstützung bekommt, damit ihr eure Familie entlasten könnt.
Eurem Micha wünsche ich, dass er prächtig gedeiht und ihr Ihn voll Vertrauen zur Op ins Kispi Zürich geben dürft.

Alles Gute und die besten Grüsse auch an die Mami und die beiden Grösseren, welche ihren Bruder sicher schon jetzt ganz fest lieb haben.

Helena ( Elisa geb 07, DS, Marisa geb.13)

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Andrea mit Roman
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Beitrag von Andrea mit Roman » 22.10.2013, 21:17

lieber Martin

herzlichen Glückwunsch zur Geburt von Micha!
ich habe dir eine Privatnachricht mit unserem Brief nach Romans Geburt geschickt, es war ganz ähnlich bei uns.
Am Schlimmsten war das Getrennt sein von Roman, als ich noch selber 1 Woche im Spital nach der schweren Geburt und Komplikationen sein musste. Danach auch die Zerstückelung der Familie, Manuel 3 Jahre alt zu Hause, von seinem Grossvater betreut, der eigentlich noch nie Manuel alleine betreut hatte, aber in dieser Notsituation es tat.
Wir wollten nicht den ganzen Urlaub von meinem Mann schon aufbrauchen , sondern den noch etwas aufheben für die Zeit, als ich nach Hause gekommen war.

Es gibt den Entlastungsdienst, der Familien mit behinderten Kindern unterstützt, aber das Angebot ist auch unterschiedlich teuer, je nach Region. Ohne könnten wir nicht mehr funktionieren, da wir keine Verwandtschaft mehr haben, die uns unterstützen kann.
Ab dem ca. 3. Lebensjahr kannst du bei der IV Hilflosenentschädigung für Micha beantragen, die investieren wir voll und ganz in eine Putzfrau in die Finanzierung des Entlastungsdienstes, das entlastet dann das Familienbudget wieder (zuvor war es eine zusätzliche finanzielle Belastung).
Ich habe aber später immer wieder die Erfahrung gemacht, das viele Leute bereit sind, zu helfen, wenn man nur den Mut aufbringt , zu fragen.
Dies war in Situationen, als Roman später hospitalisiert wurde (bis er 6 Jahre alt war, war er viel krank)und sein Bruder betreut werden musste, oder vor 3 Jahren, als ich selbst 4 Wochen schwerstkrank im Spital war.
Ich wusste, mehr als ein Nein kann ich nicht als Antwort bekommen , wenn ich Leute um Hilfe frage.
Viele Eltern von Schulgspänli oder Nachbarn waren bereit, Romans Bruder (gratis) zum Mittagessen einzuladen während dem ich mit Roman im Spital war. Dafür gabs dann eine schönen Blumenstrauss für sie nachher. Oft kam das Angebot, dass er die ganze Woche dort essen darf.
Oder ich habe die Mutter unseres Babysitters gefragt, ob Roman mittags zu ihr zum Essen kommen durfte, als ich selbst im Spital war.

Manchmal gehen durch Notsituationen auch viele Türen auf und man macht sehr schöne Begegnungen.

Bietet eure Schule keinen Mittagstisch an?
ich wünsche eurem kleinen Micha von ganzem Herzen, dass er gesundheitlich stabil bleibt! Unsere Herzoperation mussten wir zum Glück erst als Roman 5 Jahre alt war, hinter uns bringen.
Herzliche Grüsse
Andrea mit Roman (5/2000), DS, und grossem Bruder (97)

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elisa
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Beitrag von elisa » 20.02.2015, 23:24

Lieber Martin,
Ich bin so neugierig wie es eurem Sohn Micha geht!
Ich hoffe gut! Hatte er seine Operation schon hinter sich? Ist alles gut gegangen?

...Unsere Tochter Serina ist nur 4 Tage jünger als Euer Sohn...
herzliche Grüsse
us em Zürioberland
Elisa & Mike mit Serina (2013)

Mide07
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Beitrag von Mide07 » 23.02.2015, 13:18

Lieber Martin
Unser zweiter Sohn kam am 2.2.2011 in Ilanz im Spital normal zur Welt. Ich sah ihm die Trisomie 21 auch gleich an. Nach der Geburt schlief er friedlich und mir fiel ebenfalls nicht auf, dass die Sauerstoffsättigung immer schlechter wurde. Endlich kam dann das Frühstück, worauf ich schon so wartete und als man Robin dann holte, weil der Kinderarzt da war und ihn sich ansehen wollte, so rief man mich auch gleich schon und ich sah Robin unter der Sauerstoffmaske und er wurde ebenfalls mit der Rega nach Chur in die Intensiv gebracht. Ich kam erst nachmittags ins Fontana. Wir verbrachten nicht ganze zwei Wochen auf der Intensiv und dann noch in der normalen Abteilung (im ganzen drei Wochen). Wenn das Kind so auf der Intensiv ist, ist irgendwie der ganze Kennenlernprozess gestört... wir sondierten auch viel - aber zu Hause nicht mehr. Ich war zwar daheim auch am Limit, da ich für ihn die Milch abpumpte und er eben nicht mehr die genau vorgeschriebenenen Mengen trinken musste, aber dafür wollte er immer wieder trinken und irgendwie war dann die ganze Zeit sehr schwierig - gerade weil das Trinken ja anfangs so schlecht ging. Aber glücklicherweise hatte er keinen Herzfehler. Bei ihm schloss sich so ein Loch nicht bei der Geburt automatisch am Herzen sondern erst im Laufe der folgenden acht Tage. Ich bin darüber sehr froh. Ich stelle es mir schon sehr hart vor, wenn noch so etwas auf uns zugekommen wäre. Alles Liebe und Gute Euch! Mittlerweile ist Robin schon vier. Gehen lernte er die ersten Schrittchen mit zwei und jetzt haben wir die ersten Ski-fahrversuche hinter uns (weil wir an der Piste wohnen). Aber leider ist er hörbehindert und auch eine Brille brauchts (die er nicht tragen will)... Vielleicht klappt es ein ander Mal für mehr Infos. Alles Liebe und Gute! Micheline Dietrich aus Surcuolm GR

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