erster Beitrag: Roman

Fragen und Diskussionen rund um den Einstieg ins Berufsleben und um die Arbeit
Antworten
Benutzeravatar
Ursula
Beiträge: 100
Registriert: 14.08.2004, 18:47
Wohnort: Zürich
Kontaktdaten:

erster Beitrag: Roman

Beitrag von Ursula » 11.02.2013, 23:27

Hoi zäme

Seit einiger Zeit denke ich daran, Euch zu erzählen, wie es Roman inzwischen geht. Er ist jetzt in der dritten Sek (immer noch in der Regelschule) und beschäftigt sich seit einiger Zeit mit der Berufswahl. Die Heilpädagogin hat sich in der ganzen Oberstufenzeit sehr stark engagiert, so auch bei den ganzen Fragen um die Berufswahl. Ihre Unterstützung war grandios!

Letztes Jahr konnte Roman an einigen Orten schnuppern, u.a. 2 Tage in unserem Quartier-Coop, wo er sehr herzlich integriert wurde und seither dort auch immer wieder auf die Schnuppertage angesprochen wird.

Da Roman lange Zeit äusserte, er wolle Pöstler werden, suchten wir auch nach Möglichkeiten in diesem Bereich. Bei der Post schienen uns die Türen verschlossen, obwohl der Staat ja Integration auch im Berufsleben fördern will, jedenfalls wenn man den Aussagen z.B. von Frau Leuthart glauben will (insieme-Fest in Bern). Es schien uns aber auch, dass Briefträger nicht wirklich Romans Wunschtraum entspricht, Leuten die Post persönlich in die Hand zu drücken. Und er ist auch nicht so der Frischluft-Freak, der gern bei jedem Wetter draussen ist.
So kamen wir auf die Idee, verschieden Grossfirmen anzuschreiben, die vielleicht eine Betriebspost führen. Wir erhielten mehrere positive Rückmeldungen, die schönste von der Axpo, die meinte, sie würden Roman gern die Gelegenheit zum Schnuppern geben, ein Tag sei doch aber zu kurz, er solle 3 oder 5 Tage kommen.

Roman ging also eine Woche schnuppern, und schon der Empfang beim Eingang war herzlich. Roman konnte bei sehr verschiedenen Aktivitäten der internen Poststelle mitwirken und erhielt auch verantwortungsvolle Aufgaben (ausgehende Briefe frankieren, Päckli im Computer erfassen). Er schloss auch schon erste Kontakte bei der Verteilung der eingehenden Post im Haus. So tauchte natürlich im Lauf der Woche auch die Frage auf, ob denn gar eine Ausbildung auf dieser Abteilung denkbar wäre. Wir wurden ermutigt, dies weiter zu verfolgen.

Parallel dazu erhielten wir in Romans Schule Informationen über das Züriwerk, die seit einigen Jahren und zunehmend auch im ersten Arbeitsmarkt Unterstützung anbietet: Dies beginnt bei der Suche nach einem Ausbildungsplatz, setzt sich fort durch die ganze Ausbildungszeit und endet auch nicht während der Arbeit. Der Jugendliche erhält einen persönlichen Job-Coach, der fortan für ihn, die Eltern und für den Arbeitgeber die Ansprechperson für Anliegen, Fragen, Probleme wird. Das Züriwerk übernimmt den IV-Papierkram. http://www.zueriwerk.ch/index.php?page=230

Als die Axpo Offenheit signalisierte, stellte unser Züriwerk-Kontakt die Dienstleistungen des Züriwerks in der Axpo vor. Durch diese Gespräche entschloss sich die Axpo, den Versuch zu wagen und Roman eine Ausbildung anzubieten. Dabei ist aber das Züriwerk die verantwortliche Stelle für die Ausbildung, die Axpo der Ausbildungsort, wir werden übermorgen einen Dreiecksvertrag mit beiden Stellen unterschreiben. Bis zu diesem grossen Moment erlebten wir Romans Job-Coach als sehr engagiert, zuverlässig und hartnäckig. :D
Dieser Dreiecksvertrag bedeutet für die Axpo, dass sie auch aussteigen können, wenn es mit der Ausbildung von Roman gar nicht klappt und für Roman, dass nach Alternativen gesucht wird und er hoffentlich an einem anderen Ort die Ausbildung weiter führen kann.

Zwischendurch haben wir auch eine ähnliche Organisation angeschaut: axisBildung http://www.axisbildung.ch/, welche ebenfalls Ausbildungen im ersten Arbeitsmarkt ermöglicht. Allerdings endet danach die Betreuung, soweit ich das verstanden habe. Aber auch von der axisBildung hatten wir einen positiven Eindruck erhalten.

Die Unterstützung durch Stellen wie das Züriwerk oder axisBildung sind wohl für Firmen eine ebenso wertvolle Unterstützung wie für die Auszubildenden/Eltern und machen manches möglich, wo ohne diese Unterstützung der Mut vielleicht fehlte. Ich bin sehr gespannt, wie sich die Begleitung durch das Züriwerk bewährt und weiter entwickelt. Vorerst sind wir zuversichtlich und sehr glücklich, dass Roman einen Platz in einem kleinen Team und dennoch vielen Kontaktmöglichkeiten (auf den Posttouren) gefunden hat. Und er freut sich unglaublich auf die Ausbildung - er hat etwas genug von Schule, wie seine Kollegen auch. :lol: Sicher werden die schönen Vorstellungen dann im harten Alltag etwas zurechtgestutzt, aber wir hoffen doch, für den Moment den richtigen Platz gefunden zu haben.

Ein ander Mal mehr, jetzt ist es doch schon wieder spät geworden...

Liebe Grüsse
Ursula



Dagmar
Beiträge: 90
Registriert: 08.11.2004, 10:01
Wohnort: Winterthur
Kontaktdaten:

Berufsbildung

Beitrag von Dagmar » 12.02.2013, 05:34

Liebe Ursula, das klingt ja unglaublich ermutigend! Vielen Dank, dass du uns teilhaben lässt. Wenn ich mich recht erinnere, ist Roman kognitiv eher stark und geht integrativ zur Schule? Das scheint mir eine der Voraussetzungen zu sein, einen solchen Weg zu beschreiten. Hut ab auch vor euerm Engagement, was letztlich im Ausbildungsplatz bei der axpo mündete! Das Züriwerk ... da klingelt was entfernt in meinem Kopf. Wird das nicht von Nik Ostertag geleitet? Den kenne ich von früher.. Ich wünsche euch, dass die Vorfreude anhält und sich Roman gut in den Arbeitsalltag einfindet. Berichtest du mal drüber? Aber erstmal: Hoch die Tassen und herzlichen Glückwunsch zum Ausbildungsplatz!
Dagmar und Urs mit Björn (DS/16)

Benutzeravatar
Ursula
Beiträge: 100
Registriert: 14.08.2004, 18:47
Wohnort: Zürich
Kontaktdaten:

kognitive Stärke

Beitrag von Ursula » 12.02.2013, 13:20

Liebe Dagmar
Ja, wir sind sehr positiv überrascht worden und profitieren einmal mehr von der geballten Ladung Unterstützung, welche in der Stadt Zürich zur Verfügung steht.

Ich würde Roman nicht als speziell koginitiv stark bezeichnen. Er rechnet im Zwanzigerraum (was er wirklich begreift, er kann auch 100 und 100 oder 1000 und 1000 zusammenzählen), eine realistische Vorstellung von Geld hat er nur rudimentär, er liest sehr viel und intensiv, seit kürzester Zeit auch Bücher vom Schwierigkeitsgrad Drei Fragezeichen, wobei es ihn nicht stresst, wenn er nicht alles versteht. Er spricht nicht in vollständigen Sätzen und manchmal undeutlich und wenn er über Erlebnisse berichten muss, erzählt er Details und kann den grösseren Zusammenhang nur mit Hilfe geben.
Er hat ein gutes Orientierungsvermögen und wird den Weg problemlos bewältigen können, so wie ich das einschätze. Technisch ist er interessiert und hat eine schnelle Auffassung, was ihm sicher an seiner Arbeitsstelle zu Gute kommt.

Es ist halt eine Frage des Vergleichs. Ich weiss von Kindern mit Down-Syndrom, die kognitiv viel stärker sind als Roman, aber natürlich auch von anderen.

Dass er die ganze Schulzeit integriert verbringen konnte, liegt sicher nicht an seinen kognitiven Fähigkeiten sondern an der grossartigen Unterstützung unserer heilpädagogischen Schule, an guten Heilpädagoginnen und an der Offenheit seiner Schule.

Roman hat aber natürlich schon seine Stärken, die ihm bei der Arbeit helfen werden: Er ist gewissenhaft und kann sich sehr gut auf eine Sache konzentrieren. Bei Dingen, die er kann, hat er eine sehr kleine Fehlerquote, weil er nicht - wie ich beispielswese - mit seinen Gedanken immer auch noch anderswo ist. Er ist ausgeglichen, höflich und den Menschen zugewandt, kann sehr gut anderen Mut machen und ihnen das Gefühl geben, dass sie grossartig sind. :D

Es war nicht zuletzt unsere Heilpädagogische Schule, die das Ziel der Integration im ersten Arbeitsmarkt sehr entschlossen verfolgt hat. Es ist ihnen sehr wichtig, dass die Kinder, die 9 Jahre integrativ geschult wurden, nicht am Ende dann doch an einem geschützten, separierten Arbeitsplatz enden - sofern das für den Jugendlichen sinnvoll ist, natürlich. Als Eltern war unser Beitrag zur Berufswahl eigentlich nicht sehr gross, eher kleiner, als ich es von den Eltern von Romans Klassenkameraden teilweise höre...

Ich weiss nicht, wer das Züriwerk leitet, aber das findet man sicher im Internet. :)

Liebe Grüsse
Ursula

Benutzeravatar
Irene
Beiträge: 91
Registriert: 21.06.2007, 16:48
Wohnort: Schaffhausen

Toller Erfolg Roman!

Beitrag von Irene » 17.02.2013, 22:06

Liebe Ursula

Vielen Dank für deinen Beitrag. Dies zu lesen ist für uns super. Wir stehen am Anfang von Sophies "Integrationskarriere". Wir haben Traumverhältnisse im Kindergarten, ein super Team und Sophie gehört selbstverständlich dazu. Aber es wird uns immer wieder mal gesagt, je älter Sophie wird, desto schwieriger wird die Integration. Da ist es natürlich toll können wir dann gleich mit so wertvollen Erfahrungsberichten daherkommen.

Wir wünschen euch weiterhin alles Gute und Roman hat es definitiv verdient in ein gutes Team aufgenommen zu werden. Wir haben euch ja vor Jahren im Europapark kennengelernt und Roman war wirklich ein Charmeur mit einer unglaublichen Ausstrahlung. Er wird es bestimmt packen!

Liebe Grüsse Irene

Dagmar
Beiträge: 90
Registriert: 08.11.2004, 10:01
Wohnort: Winterthur
Kontaktdaten:

Ausbildung

Beitrag von Dagmar » 27.03.2013, 10:15

Liebe Ursula,
welche Stufe der Ausbildung kann Roman machen? Ist es eine PrA nach INSOS oder eine EBA? Wir sind auch am Thema und für Björn kommt nur eine PrA infrage.

An der Infoveranstaltung letzte Woche in der HPS Humlikon, in die Björn geht, stellt die IV-Berufsberaterin klar, dass wir von einer einjährigen Lehrzeit (wenn überhaupt) auszugehen hätten. Ein zweites Jahr würde nur bewilligt, wenn Björn ein mindestens dreimonatiges Praktikum im ersten Arbeitsmarkt schaffen würde. Das kann ich mir zur Zeit kaum vorstellen. "Dank" der Sparbemühungen der IV bekommen unsere Jugendlichen, die eh schon mehr Zeit brauchen, nocht nicht mal die Chance auf eine zweijährige Berufsbildung. Das hat mich ziemlich gedämpft.

liebe Grüsse, Dagmar
Dagmar und Urs mit Björn (DS/16)

Benutzeravatar
Andrea mit Roman
Beiträge: 759
Registriert: 24.01.2005, 17:30
Wohnort: Appenzellerland

Beitrag von Andrea mit Roman » 28.03.2013, 22:00

liebe Ursula
das sind ja wunderbare Nachrichten von eurem Roman!
Unser Roman ist ja jezt in der fünften Klasse intergriert (schulisch mit alles individuellen Lernzielen, der klassische Schulstoff der ersten Klasse ist noch unerreichbar für ihn). Ich frage mich auch jetzt schon , ob in der Oberstufe eine Intergration noch möglich und sinnvoll ist, auch im Hinblick auf Berufswahl.
Herzliche Grüsse
Andrea mit Roman (5/2000), DS, und grossem Bruder (97)

Benutzeravatar
Ursula
Beiträge: 100
Registriert: 14.08.2004, 18:47
Wohnort: Zürich
Kontaktdaten:

Ausbildung Roman

Beitrag von Ursula » 28.03.2013, 23:02

Liebe Dagmar

Roman macht eine PrA-Ausbildung nach INSOS - alles andere wäre für ihn wohl unerreichbar...
Der IV-Beamte, der uns vorgängig zur Information eingealden hatte, hat uns gesagt, dass bei Ausbildungen im ersten Arbeitsmarkt auf jeden Fall zwei Jahre bewilligt würden. Bei Ausbildungen an geschützten Arbeitsplätzen nur noch ein Jahr.

Liebe Grüsse
Ursula

Benutzeravatar
Ursula
Beiträge: 100
Registriert: 14.08.2004, 18:47
Wohnort: Zürich
Kontaktdaten:

Integration Oberstufe

Beitrag von Ursula » 28.03.2013, 23:13

LIebe Andrea

Wow, schon in der fünften Klasse?!? :shock:
Ja, ich glaube, ich weiss was Du meinst. Die Frage habe ich mir nur deshalb nicht heftiger gestellt, weil nie im Gespräch war, Roman in die Oberstufe der heilpädagogische Schule zu wechseln.
Es kommt wohl auf sehr verschiedene Dinge an... Unser Roman musste z.B. nie das Schulhaus wechseln. D.h. er blieb dort, wo er 6 Jahre zuhause gewesen war und alle kannte. Aber er war trotzdem auch sehr viel einsamer als in der Mittelstufe...

Ich wünsche Euch gutes Abwägen und Entscheiden!

Liebe Grüsse
Ursula

Dagmar
Beiträge: 90
Registriert: 08.11.2004, 10:01
Wohnort: Winterthur
Kontaktdaten:

PrA (INSOS)

Beitrag von Dagmar » 09.04.2013, 14:19

Hoi mitenand,
wir hatten kürzlich in Björns Schule eine Infoveranstaltung zum Thema Berufsbildung. Es war interessant zu hören, wie sich die Betriebe für die zweijährige PrA stark machen und stolz darauf sind, dass es diese gibt. Die IV jedoch macht kein Hehl daraus, dass genau unsere Jugendlichen, die eh mehr Zeit und Betreuung brauchen, nur noch ein zweites Jahr finanziert bekommen, wenn sie im zweiten Jahr ein mindestens drei Monate dauerndes Praktikum im ersten Arbeitsmarkt "schaffen" würden.
Eine an sich gute Idee, die zweijährige PrA, wird von der IV auf ein Jahr gekürzt!

Ich habe vor Empörung gekocht an diesem Abend!
Dagmar und Urs mit Björn (DS/16)

Antworten