Einzigartig sind all diejenigen Menschen, welche nicht in unsere Gesellschaft der sogenannten Normalen passen. Zum Glück gibt es sie alle, denn sonst wäre unser normales Da Sein eine einseitige und monotone Angelegenheit.
Zu meiner Vorstellung. Ich heisse Roland Kälin, bin heute 45 Jahre alt und betreue seit meinem 13zehnten Lebensjahr Schwerstbehinderte Menschen.
Als ich als kleiner Bub in Horgen aufwuchs, gründeten meine Eltern damals gerade ein neues Geschäft. Dort stellten Sie eine Mitarbeiterin " Edith " ein, welche auch am Down-Syndrom litt.
Für mich als Junge, damals erst 8 Jahre alt, war dass schon sehr aussergewöhnlich und neu, denn in unserer Familie waren ja alle gesund und sogenannt normal.
So war es für mich natürlich sehr interessant, nach der Schule unverzüglich ins Geschäft der Eltern zu gehen, nur um zu beobachten, was Edith tat.
Dabei stellte ich mit der Zeit fest, dass trotz meiner manchmal auch schlechten Streiche als Lausbub, Edith nie wirklich böse zu mir wurde, obwohl Sie manchmal dazu Grund gehabt hätte.
Mit der Zeit lernte ich, dass Sie eigentlich die einzige war, die immer zuhörte, wenn ich ein Problemchen hatte. Dabei wollte Sie auch immer helfen und es kamen öffters Ratschläge, die mich so zum Lachen brachten, dass ich die schlechten Dinge einfach vergas.
Ihre Art veränderte meine Einstellung zu behinderten Menschen und ich begann, mich dafür zu interessieren, was es alles so für Leiden gibt auf dieser Erde.
So lernte ich weitere Menschen mit schwersten Behinderungen kennen, die aber aktiv im Leben standen und die sich gegenüber gesunden Menschen voll behaupten konnten.
Das machte mir solchen Eindruck, dass ich anfing, in einem Verein für Schwerstbehinderte Künstler mit zu helfen. Ich war damals gerade mal 13 Jahre alt, als wir Mitglieder im Tivoli Spreitenbach unsere erste grosse Kunstaustellung aufbauten. Meine gesunden Hände waren für den Stellwandbackground zuständig, wärend die Behinderten sich um die tatsächliche Kunst bemühten.
Die Ausstellung wurde ein voller Erfolg und für mich ein erstes grosses Erlebnis.
Dies prägte meinen weiteren Lebensweg und von nun an war ich überall und bei jedem Auftritt oder Auststellung mit dabei.
Die Jahre vergingen, und wärend meine gesunden Jugendfreunde lieber in die Badi oder Disco gingen, zog es mich zum nächsten Einkaufszentrum, nur weil wir dort gerade unsere neusten Kunstwerke zeigten.
Mit 19 Jahren dann war ich so weit, dass ich in Emmen LU im Einkaufszenter das erste mal vor versammelter Menschenmenge und Reportern der lokalen Zeitung eine weitere Kunstausstellung ganz allein eröffnete.
Da kam ein Reporter auf mich zu und fing an, mir Fragen zu stellen über einzelne anwesende Künstler. Ich bat Ihn mit zu kommen und lief direkt zu den gemeinten Behinderten. Als ich dort diese einander vorstellen wollte, drehte sich der Reporter zu mir um und meinte, er gäbe seine Hand keinem Kranken. Da nahm ich seine Hand und sagte Ihm, er wäre der einzig Kranke, den die andern hätten kein Problem mit Ihm. Darauf hin verschwand er ohne Fragestellungen.
Ein paar Stunden später sas ich mit dem selben Künstler, der gemeint war, beim Essen, als dieser Reporter zu uns an den Tisch kam. Er setzte sich zu uns und entschuldigte sich für sein Benehmen, auch wenn es Ihm sichtlich schwer fiel.
Nach einer kurzen Weile jedoch hatte er sich an seinen Tischnachbarn gewöhnt und bemerkt, dass dieser keines wegs krank war. Im Gegenteil war dieser einer der Künstler, dessen Schulbildung wohl die des Reporters bei weitem noch überbot.
So kamen Sie plötzlich ins Gespräch und nach einer Stunde verliess uns der gute Mann mit einer ganz anderen Lebenseinstellung als zuvor.
Zwei Tage später stand ein top Bericht über uns in seiner Zeitung und jeder konnte aus dem Artikel heraus spühren, dass er sich nun für das Miteinander von gesunden und behinderten Menschen entschieden hatte und dies so auch weiter geben wollte.
Für mich ging meine Lebenseinstellung auch weiter und ich erlebte viele schöne, aber auch schlimme Zeiten. Ich lernte Menschen mit Multiple Sklerose,psychisch Kranke,cerebral Gelähmte,normale Unfallopfer,an Kinderlähmung erkrankte, mit Geburtsfehler Gebohrene und natürlich auch Down Syndrom behaftete kennen.
Nebst meiner Ausbildung war ich die meiste Zeit nur noch im Verein von Schwerst Behinderten Künstlern und half dort mit, wo ich konnte.
So wurde dies zu meiner Bestimmung und als im Jahr 2002 dieser Verein plötzlich wegen eines Todesfalls auseinander brach, übernahm ich diesen und gründete ihn einfach neu. Seither leite ich nun schon fünf Jahre lang als einziger gesunder Mensch zusammen mit den Mitgliedern, alles Schwerstbehinderte Künstler, diesen unter Interessengemeinschaft IBK-Horgen und versuche so, für alle eine Plattform zu schaffen, wo Sie Integration, Anerkennung, Bestätigung und ein Stück weit sogar Selbstständigkeit erlangen.
Wie es für uns alle weiter gehen wird, steht aber genau so in den Sternen, wie es dies auch für die Normalen geschrieben steht..
Mit herzlichen Grüssen
Roland
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eigenes schaffen befreit, erfüllt, bestärkt und schenkt achtung.
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- Barbara Camenzind
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Hallo Roland
Willkommen im Forum. Mit interesse habe ich Deine Zeilen gelesen und finde das Künstler Projekt spannend. Etwas irritiert bin immer wieder über zwei Wörter in Deinem Text gestolpert: Leiden und Kranke. Schade das Du, der ja schon vielen Menschen mit Down-Syndrom begegnet bist, das immer noch mit diesen Wörtern verbindest. Mein Sohn Laurin ist nun bald drei Jahre alt und ich kann wirklich sagen, gelitten hat er bis jetzt sehr wenig (höchstens wenn mal die Portion Teigwaren rationiert wurde ). Krank ist er auch höchst selten, jedenfalls weniger wie seine Geschwister. Und leiden verbindet man ja immer mit Kranksein, und ehrlich, wer möchte schon krank sein? Aber ich hätte nichts dagegen, im nächsten Leben als ein Mensch mit Trisomie 21 zur Welt zu kommen. Liebe Grüsse Barbara & Laurin
Willkommen im Forum. Mit interesse habe ich Deine Zeilen gelesen und finde das Künstler Projekt spannend. Etwas irritiert bin immer wieder über zwei Wörter in Deinem Text gestolpert: Leiden und Kranke. Schade das Du, der ja schon vielen Menschen mit Down-Syndrom begegnet bist, das immer noch mit diesen Wörtern verbindest. Mein Sohn Laurin ist nun bald drei Jahre alt und ich kann wirklich sagen, gelitten hat er bis jetzt sehr wenig (höchstens wenn mal die Portion Teigwaren rationiert wurde ). Krank ist er auch höchst selten, jedenfalls weniger wie seine Geschwister. Und leiden verbindet man ja immer mit Kranksein, und ehrlich, wer möchte schon krank sein? Aber ich hätte nichts dagegen, im nächsten Leben als ein Mensch mit Trisomie 21 zur Welt zu kommen. Liebe Grüsse Barbara & Laurin